Sind die Interim Management Tagessätze in der aktuellen Coronakrise noch gerechtfertigt?

Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Daher ist es nicht verwunderlich, dass gewisse Interim Manager ihre Leistungen aktuell zu sehr viel tieferen Preisen offerieren, wie noch vor der Coronakrise. Wenn aufgrund der zusammengebrochenen Nachfrage die Auslastung drastisch zurückgeht, liegt es nahe, seine Leistungen auch zu Dumping-Preisen auf den Markt zu werfen. Doch ist ein solches Verhalten sinnvoll und v.a. nachhaltig?

Bei der Festlegung des Tagessatzes gilt die Faustregel, dass dieser ca. 1/100 des Jahreslohns der zu besetzenden Stelle sein darf. Bei einem Jahressalär von brutto CHF 250’000 für die Vakanz-Überbrückung einer COO Rolle, sind das also CHF 2’500 / Tag. Dieser Wert wird nun oftmals mit dem internen Tagessatz verglichen und das Jahressalär durch die Anzahl der Arbeitstage dividiert (CHF 250’000 / 220 Arbeitstage = CHF 1’136). Vergleicht man nun beide Tagessätze, ergeben sich auf den ersten Blick Mehrkosten von CHF 1’364 / Tag (+120%).

Eine vertieftere Analyse zeigt jedoch ein anderes Bild:

  • Im Tagessatz des Interim Managers enthalten sind Akquisitionskosten, welche auch bei der Besetzung einer permanenten Stelle zusätzlich anfallen würden. Interim Manager Provider verrechnen z.B. für die Vermittlung eines passenden Kandidaten bis zu 30% des Tagessatzes. Dies entspricht der Provision eines Headhunters für eine permanente Stelle.
  • Der Interim Manager steht sofort zur Verfügung und die Vakanz kann damit zeitnahe geschlossen werden. Damit entfällt die Unsicherheit in der Belegschaft und die Dauer des führungslosen Vakuums wird auf ein Minimum reduziert.
  • Durch die unkomplizierte Einstellungs- &Abgangsregelung entstehen keine Mehrkosten am Ende des Mandats.
  • Interim Manager sind es gewohnt, vom ersten Tag an Mehrwert zu liefern. Eine Einarbeitungszeit entfällt oder wird vor Mandatsbeginn vom Interim Manager unentgeltlich erbracht. Dem gegenüber steht die formelle Einarbeitungszeit eines neuen, permanenten Mitarbeiters. Um diesen schnellen Einstieg zu gewährleisten, bringen Interim Manager normalerweise mehr Kompetenzen mit, als von der Stelle eigentlich gefordert.

Fazit

Die Differenz zwischen dem internen Tagessatz und dem Tagessatz eines Interim Managers ist also durchaus gerechtfertigt.

Wenn nun ein Interim Manager seine Leistung unter seinem Wert verkauft, kann dies nicht nachhaltig sein. Genauso wenig wie ein Unternehmen den COO (im Beispiel oben) zu einem massiv reduzierten Jahressalär von CHF 125’000 anstellen würde, sollte ein Interim Manager zu einem massiv reduzierten Tagessatz von CHF 1’250 mandatiert werden. Auch hier gilt die Prämisse: «Sie bekommen, was Sie bezahlen». V.a. bei der interimistischen Besetzung von strategischen Positionen in einem Unternehmen, muss die Leistung im Vordergrund stehen und nicht der Preis.

Eine leichte Anpassung der Tagessätze an die aktuelle Krise ist sicherlich notwendig und gerechtfertigt. Die Erteilung eines Mandats sollte aber nach wie vor aufgrund der Eignung eines Interim Managers auf eine spezifische Anforderung erfolgen und nicht wegen des «billigeren» Tagessatzes.